„Gott ist in sich unendlich vollkommen und glücklich. In einem aus reiner Güte gefaßten Ratschluß hat er den Menschen aus freiem Willen erschaffen, damit dieser an seinem glückseligen Leben teilhabe. Als die Zeit erfüllt war, sandte Gott Vater seinen Sohn als Erlöser und Retter der Menschen, die in Sünde gefallen waren. Er hat sie in seine Kirche gerufen und durch das Wirken des Heiligen Geistes als seine Kinder angenommen und zu Erben seiner ewigen Glückseligkeit gemacht.“ (Kompendium des Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1)
Die Sünde ist in den Augen Gottes eine Beleidigung Seiner göttlichen Liebe, Abkehr von Ihm und Auflehnung gegen Ihn. Die geistige als auch die materielle Schöpfung Gottes wurden dadurch beeinträchtigt. Der erste Mensch, Adam, zog sich im Nichthören auf Gottes Weisung die Erbsünde und somit die Folge der Sterblichkeit zu und übertrug sie auf alle weiteren Generationen. Doch Gott hat den Menschen nicht für ein Leben in Unordnung oder etwa für den Tod erschaffen, sondern Er hat ihn aus göttlichen Liebe als Sein Abbild erschaffen, ihm eine individuelle Geistseele geformt und ihn bestimmt für eine bleibende Liebesgemeinschaft mit Ihm. Der Mensch ist von Gott gedacht und gewollt, als „Krone der Schöpfung“ und zur Ehre Gottes!
Die Erbsünde ist ihrem Wesen nach Ungehorsam und stellt sich in ihrem Begehren, in ihrem Wort, in ihrer Tat gegen die Liebe Gottes. „Sie verwundet die Natur des Menschen und beeinträchtigt das menschliche Zusammenleben.“ (Kompendium, Nr. 392) Die läßliche Sünde ist nicht so schwerwiegend wie die Todsünde, sie „bricht den Bund mit Gott nicht, schwächt aber die Liebe. In ihr verrät sich eine ungeordnete Neigung zu geschaffenen Gütern. Sie verhindert, daß die Seele in der Übung der Tugenden und im Tun des sittlich Guten Fortschritte macht. Sie zieht zeitliche Läuterungsstrafen nach sich.“ (Kompendium, Nr. 396) Hingegen verhält es sich viel folgenschwerer, wenn eine Todsünde begangen wird. Um überhaupt von „Todsünde“ sprechen zu können, muß „zugleich eine schwerwiegende Materie, die volle Erkenntnis und die freiwillige Zustimmung vorliegen.“ (Kompendium Nr. 395) Die Todsünde ist die gefährlichste überhaupt. Sie „zerstört in uns die Liebe, beraubt uns der heiligmachenden Gnade und führt uns zum ewigen Tod der Hölle, wenn wir sie nicht bereuen.“ (Kompendium, Nr. 395) Die Todsünde sowie die läßliche Sünde haben ihren Ursprung in der Erbsünde. Die notwendige Erkenntnis über eine Tat, die eine Todsünde ist, sowie die persönliche Reue verbunden mit Wiedergutmachung – so weit möglich – und willentlicher Abkehr von derselben sind Voraussetzung für die Vergebung im persönlichen Sündenbekenntnis im Sakrament der Buße und der Versöhnung. Die Grundlage für die Vergebung der Sünden ist im Taufsakrament gegeben, in welchem der Täufling von der Erbschuld befreit und auf Tod und Auferstehung Christi getauft wird und somit Anteil am Leben mit dem dreifaltigen Gott erhält.
Dem zuvorkommenden Handeln Gottes in Seiner göttlichen Güte und Weisheit mit seiner der Erbsünde anheimgefallenen Schöpfung ist es allein zu verdanken, daß der Sohn Gottes, die zweite göttliche Person, im Gehorsam Seinem göttlichen Vater gegenüber und in der Verbundenheit des Heiligen Geistes den Willen Seines Vaters in vollkommener Weise angenommen und sich zu eigen gemacht hat und Mensch geworden ist. Ist doch der Sohn vom Vater gezeugt vor aller Zeit und unterscheidet er sich als Sohn vom Vater doch nur durch die beziehentlich verschiedene Besitzweise derselben Gottnatur. Deshalb ist der Sohn der vollkommene Ausdruck des Vaters, sozusagen das „Bild des Vaters“. Der Vater spricht in einem zeugenden Erkenntnisvorgang sein Wesen aus und der Sohn empfängt dadurch sein Sohn-Sein. Der Sohn ist somit der durch das Erkennen gezeugte Sohn, die geformte, gestaltete Erkenntnis des Vaters, die Form und Gestalt Gottes. Der Vater spricht in diesem geistigen Worte auch sein Wissen, seine Ideen und Pläne aus, nach denen die Schöpfung von Ihm und auf Ihn hin erschaffen ist und deshalb ist dies alles im Sohn enthalten, so daß Er die Gestalt und Form der Welt ist. Aufgrund der völligen Übereinstimmung des Vaters mit dem Sohn in der gemeinsamen Verbindung im Heiligen Geist ist der Sohn die Wahrheit und Schönheit und alles Geschaffene ist auf Ihn hin erschaffen und hat Anteil an Seiner Wahrheit und Schönheit je nach Art und zugeteiltem Maß. Hierin ist die Verschiedenheit der Geschöpfe begründet und spiegelt diese den Reichtum Gottes in seiner Schönheit und Schöpfermacht wider.
Durch das „Fiat“ der Jungfrau Maria hat Gott Heiliger Geist den Menschen aus ihrem Leibe, der ohne Makel der Erbsünde ist, hervorgehen lassen, sie in immerwährender Jungfräulichkeit belassen und uns durch ihr Mitwirken den Erlöser Jesus Christus, der wahrer Mensch und wahrer Gott ist, geschenkt. Maria ist der neue Tempel Gottes, in dem Gott Mensch wird. In seinem Buch „Gott ist uns nah“ spricht Joseph Ratzinger – Papst Benedikt XVI. über diese einzigartige Erwählung der Jungfrau Maria und weist auf die präfigurative Aussage im Alten Testament, Zef 3,14, hin: „Es ist heute kaum noch bestritten, daß dieses von Lukas übermittelte Engelswort den Verheißungsspruch von Zefanja 31,4 aufnimmt, der der Tochter Zion gilt und ihr das Wohnen Gottes in ihrer Mitte ankündigt.“ (S. 16) Maria wird bezeichnet als „die Tochter Zion in Person und zugleich als Ort der Einwohnung, als das heilige Zelt, über dem die Wolke von Gottes Gegenwart steht. Die Väter haben diesen Gedanken aufgegriffen, der dann auch die altchristliche Ikonographie bestimmt. Der heilige Josef wird durch den blühenden Stab als Hoherpriester ausgewiesen, als Urtyp des christlichen Bischofs. Maria aber ist lebendige Kirche. Auf sie kommt der Heilige Geist, und so wird sie zum neuen Tempel.“ (ebd.) Joseph Ratzinger legt an dieser Stelle weiter dar, daß Josef der Gerechte ist, der „Sachwalter der Mysterien Gottes, – Hausvater und Hüter des Heiligtums, welches die Braut und der Logos in ihr ist. So wird er zum Bild des Bischofs, dem die Braut angetraut ist.“ (ebd.) Das Urbild der Kirche gründet in ihrem Haupt, Jesus Christus, der wahrer Gott und wahrer Mensch ist und zur Rechten Gottes, des Vaters, sitzt, um für uns Menschen bei Gott Vater Fürsprache zu halten. Nicht sei angenommen, daß Jesus nur ein vollkommener Mensch oder gar nicht wahrer Gott sei, sondern vielmehr legt der Hymnus aus dem Philipperbrief davon Zeugnis ab, daß Jesus kraft seiner Gottheit die menschliche Natur angenommen hat, um uns zu erlösen, wenn überliefert ist: „Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen. Er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz. Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, damit alle im Himmel, auf Erden und unter der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu und jeder Mund bekennt: ‚Jesus Christus ist der Herr’ zur Ehre Gottes, des Vaters.“ (Phil 2,6-11). In der Person Jesu Christi ist uns Gott nahe. Er, der dem Menschen in seiner Not und Gottesferne zuvorkommt und sich offenbart als der für alle Generationen wahre und einzige Erlöser. Die Väter im Alten Bund haben an Gottes Verheißung geglaubt, von den Propheten auf vielfache Weise vorhergesagt, als Menschensohn bereits benannt, und in der Fülle der Zeit durch den Engel verkündet: „Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. Du wirst ein Kind empfangen, einen Sohn wirst du gebären: dem sollst du den Namen Jesus geben. Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben.“ (Lk 1,30-33) ist mit der Frohbotschaft dem Menschen seither der Weg der Erlösung aufgetan: Jesus ist in seiner Person der Weg zum Himmlischen Vater. Durch seine Menschwerdung haben wir in Ihm den wahren Menschen, der ohne Sünde ist, in der Geschichtlichkeit unserer Zeit vor Augen geführt bekommen, gemäß der Überlieferung der Heiligen Schrift und dem Magisterium. Gott selbst hat sich im Sohn offenbart. Die Sehnsucht des Menschen, Gott schauen zu wollen, ist uns in der Menschwerdung Gottes erfüllt worden. Er, der Gerechte, hat sich zum Ungerechten für uns zubereiten lassen, um die Sünde für immer auf sich zu nehmen und sie mit seinem Kreuzestod auf ewig zu besiegen, damit wir Menschen, die wir Sünder sind und auf Gottes Erbarmen hoffen, in Jesus den wahren Menschen erhalten können, der uns mit göttlicher Liebe umgibt und erfüllt, weil Er allein die Sünden vergeben kann. Das Opfer Christi mit dem Herrenwort „Das ist mein Leib, der für euch dahingegeben wird.“ (Lk 22,19) und „Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden“ (Lk 22,20) belegt Seine Sendung und Sein Erlösungsgeheimnis. Im Allerheiligsten Altarsakrament beten wir Christus, den von den Toten Auferstandenen, an, der in verklärter Weise gegenwärtig ist. Im Glauben kann Er geschaut werden als der Emmanuel, der Gott mit uns.
Der Getaufte ist aufgrund der zuvorkommenden Gnade Gottes durch die Menschwerdung des göttlichen Sohnes fähig geworden Gott zu erkennen, gleichsam „gottfähig“ geworden, um mit Ihm die personale Beziehung im lebendigen Wort zu leben. Dieses Wort erhält uns am Leben und verleiht bleibende Verbundenheit mit Gott Vater im Heiligen Geist. Gott hat den Menschen in seinen Generationen heimgesucht und sich im Sohn offenbart. Allen Menschen guten Willens schenkt Gott sein Heilshandeln in Seinem Sohn. Als Gläubige dürfen wir Ihn voll Dankbarkeit personal erkennen und lieben, um in heiliger Gemeinschaft mit Ihm, dem dreifaltigen Gott, zu leben und Ihn, Jesus Christus, als den „Mittler des neuen Bundes“ zu bezeugen.
Kunde gibt uns das Wort Gottes in der Liturgie des Advents über das „Licht, das die Heiden erleuchtet“, welches Jesus ist, und mahnt uns zur Wache. Das Wachsein ist uns Christen aufgetragen, sollen wir doch in unserem Geist und in unserer Seele wachsam auf das Wort Gottes hören, um die Unterscheidung der Geister vornehmen und das Wahre und Gute tun zu können im Vertrauen auf den Beistand des Heiligen Geistes.