Christus selbst hat eben dies als das besondere und eigentliche bleibende Kennzeichen seiner Jünger hingestellt, dass sie einander lieben sollen (Joh 13, 35; 15, 12): können wir denn eine größere und schönere Liebe unserem Nächsten erweisen, als wenn wir Sorge tragen, sie der Finsternis des Unglaubens zu entreißen und mit dem rechten Glauben Christi vertraut zu machen? Vor allen übrigen Werken und Zeichen der Liebe hat dieses sicherlich ebenso sehr den Vorzug, wie die Seele höher steht als der Leib, der Himmel höher als die Erde, die Ewigkeit höher als die Zeit.
Wer immer sich für dieses Liebeswerk nach Kräften tätig einsetzt, der zeigt, dass er das Geschenk des Glaubens nach Gebühr einzuschätzen weiß. Und der erweist sich zudem dankbar gegen Gottes Güte dadurch, dass er dieses allerkostbarste Geschenk, den Glauben, und was sonst noch damit verbunden ist, den armen Heiden zuteil werden lässt. Wenn sich einer solchen Pflicht schon keiner aus der Gemeinschaft der Gläubigen entziehen darf, sollte es der Klerus dürfen, dem Christus der Herr in wundersamer Gnadenwahl Anteil an seinem eigenen Priestertum und Apostolate schenkt: solltet ihr es dürfen, ehrwürdige Mitbrüder, die ihr, durch des Priestertums Fülle ausgezeichnet, je für euren Bezirk dem christlichen Klerus und Volke, von Gottes wegen, Vorsteher und Führer seid? Wir lesen doch, dass Jesus Christus nicht nur dem Petrus allein, dessen Lehrstuhl Wir innehaben, sondern allen Aposteln, deren Nachfolger ihr seid, den Befehl gab: „Geht hin in alle Welt und predigt allen Geschöpfen das Evangelium“ (Mk 16, 15).
Papst Pius XI.: Enzyklika rerum ecclesiae vom 28. Februar 1926