Myrrhe ist ein bitter schmeckender, wohlriechender Saft, der aus der Rinde einer Art des Balsambaumes sickert. Beim Trocknen kristallisiert er in Form durchsichtiger Körner von weißlicher bis roter Farbe, die beim Verbrennen Duft erzeugen und als Räucherwerk dienen. In der Antike war Myrrhe sowohl als kosmetisches als auch als medizinisches Mittel sehr beliebt. Der Jesus vor seiner Kreuzigung angebotene Myrrhe-Wein (vgl. Mk 15,23) war ein Betäubungsmittel. Myrrhe war zugleich aber auch für die Einbalsamierung notwendig. Nach mosaischem Gesetz war die Myrrhe auch Hauptbestandteil eines heiligen Salböls (Ex 30,22–33). In der Hl. Schrift wird die Myrrhe mehrfach erwähnt, im Hohenlied allein siebenmal (Hld 1, 12; 3,6; 4,6. 14; 5,1.5.13), oft in Verbindung mit anderen Wohlgerüchen (Sir 24,20). Unabhängig von der Bedeutung der Myrrhe besteht ihre Zeichenhaftigkeit in ihrer Bitterkeit und ihrer heilenden Wirkung körperlicher Leiden sowie ihrer Wirkung bei der Leichenkonservierung. In der Heiligen Schrift steht sie in Verbindung mit der menschlichen Natur und dem Tode Christi, angedeutet durch die Myrrhe der Magier (Mt 2,11) und durch den Myrrhenberg (gedeutet als Golgotha) des Hohenliedes (Hld 4,6). Das Gedenken des Leidens Christi gibt Kraft zur Entsagung und Askese. Abtötung bewahrt vor der Fäulnis des Lasters, wie Myrrhe den Leichnam vor Verwesung schützt. Gregor von Nyssa erläutert diese Symbolik anhand eines Verses aus dem Hohenlied 3,6: „Wer ist sie, die da aus der Steppe heraufsteigt in Säulen von Rauch, umwölkt von Myrrhe und Weihrauch, von allen Wohlgerüchen der Händler?“ … „Myrrhe ist erforderlich zur Einbalsamierung von Leichen. Weihrauch aber ist in gewissem Sinn der Ehre Gottes geweiht. Wer sich also in dem göttlichen Dienst hingeben will, wird nicht anders ein gottgeopferter Weihrauch sein, als wenn er zuerst Myrrhe wird, dass heißt, seine Glieder hier auf Erden abtötet, mitbegraben mit dem, der für uns den Tod erduldet, und jene Myrrhe, die bei der Bestattung des Herrn gebraucht wurde, an seinem eigenen Fleisch zur Tötung der Begierden anwendet“ (In Cant. Hom. VI; PG 44, 897).
Weihrauch besteht aus dem Harz zweier Arten des Boswelliabaumes, das kristallisiert – als gelblich, schwach durchsichtige Körner – verbrannt wird. Weihrauch als Geschenk der Magier verweist auf die Göttlichkeit des Beschenkten. Weihrauch gilt als Gottesduft, ihm schrieb man geheime Kraft, apotropäische, also Unheil abwendende, Wirkung zu, und die Fähigkeit, Verbindung mit göttlichen Menschen herzustellen. Das Aufsteigen und die Ausbreitung des Weihrauchs symbolisiert die Entfaltung der Gottheit; der Duft war der Gottheit wesensgemäß, die dem Menschen sinnlich erfahrbar wird. Weihrauch war aber nicht nur Opfergabe, sondern ließ den Menschen der göttlichen Kraft teilhaftig werden. Im Judentum und Christentum behielt der Weihrauch seine Symbolik: Vergeistigung, Emporstreben, Opfer, Gebet. Weihrauch wurde zum sakralen Symbol Gottes. Im Christentum wird der Weihrauch zum Symbol für Christus. Christus selbst ist das Weihrauchgefäß, das „allen überweltlichen und alles Kreatürliche übertreffenden Duft in sich trägt und mit ihm das All erfüllt“ (vgl. Cyrill von Alexandrien, De adoratione X). Im Christentum findet der Weihrauch ab dem 4. Jahrhundert, nach der Überwindung des Heidentums, Eingang. Weihrauch wird im Gottesdienst etwa bei der Altarweihe und in der Totenliturgie eingesetzt.
Die drei Gaben der Magier
Die Gaben der drei Magier werden am Vorabend ihres Festes in der Kirche gesegnet. Im Volksglauben wird der Weihrauch wegen seiner apotropäischen Wirkung wegen genutzt. Das „Räuchern“ von Haus und Hof beruht auf dem alten Volksglauben, der in den zwölf Rau(c)hnächten zwischen Weihnachten und Epiphanie das Wirken dämonischer Mächte fürchtet.
Das Geschenk der Heiligen Drei Könige besteht aus drei einzelnen Teilen, womit die Symbolik der Zahl Drei angesprochen ist. Die Drei galt bei vielen Völkern als heiligste Zahl, sie kennzeichnet in Mythos und Religion häufig göttliche Konstellationen (die ägyptische Dreiheit von Osiris, Isis und Horus, die römische Triade Jupiter, Juno und Minerva, die christliche Trinität) und die Einteilung der Welt (Himmel, Erde, Unterwelt). Eine metaphysische Triade kennt die indische Religionsphilosophie: Sein, Denken, Wonne (Sanskrit: sat, cit, ananda); anthropologisch ist die indische Dreiheit der Seelenkräfte: das Finstere, das Bewegte, das Seiende (Sanskrit: tamas, rajas, sattvam). Die Bedeutung der Drei spiegelt sich auch im Volksmärchen (drei Wünsche, drei Brüder) und in Redewendungen („aller guten Dinge sind drei“, „in drei Teufels Namen“). Die Heiligen Drei Könige lassen sich auch als die drei biblischen Rassen (Semiten, Chamiten und Japhetiten, die Nachfahren der Söhne Noahs) und als die drei Lebensalter typisieren. Nachhaltiger wirkte jedoch die Zuordnung zu den drei bekannten Erdteilen. Beda Venerabilis teilte um 700 die Magier ein: Der junge Caspar vertritt als Schwarzer Afrika; der greise Melchior ist geschmückt wie ein europäischer König; Balthasar steht in den besten Jahren und repräsentiert den asiatischen Kontinent. Dass zuweilen auch Balthasar der älteste der Könige sein kann, geht auf den großen ikonographischen Einfluss des „Altars der Stadtpatrone“ (1445) von Stephan Lochner zurück, der seit 1809 unter dem traditionellen Namen „Kölner Dombild“ den Dom schmückt. Kaspar wurde bis zu den Spanischen Befreiungskriegen gegen den Islam zum „Mohrenkönig“, dessen Rolle seitdem meist Melchior übernimmt.
Symbolisches Denken
Nicht nur das analoge Denken, wenn z. B. der heilige Valentin gegen die Fallsucht hilft, weil er so heißt wie er heißt, prägte unsere Vorfahren. Auch die symbolische Deutung von Zahlen war für sie völlig normal. Die Dreizahl der Geschenke bezeichnet die Göttlichkeit des Geschenke-Adressaten ebenso, wie sie Rückschlüsse auf die in der Bibel nicht genannte Zahl der Schenker ziehen lässt. Auch das magische Denken unserer Ahnen lässt sich durch die Heiligen Drei Könige bedienen: Die Initialen ihrer Namen kombiniert mit drei (!) Kreuzen hilft auf der Außenseite der Tür, das Eindringen von Dämonen zu verhindern, wenn man es mit weißer Kreide, der Farbe, die Dämonen abschreckt, schreibt. Das Dreikönigszeichen hat apotropäische Wirkung, es weist böse Geister ab.
Die Heiligen Drei Könige sind wohl auch die ältesten „Zahlenheiligen“ im Christentum. Von „Zweiergruppen“ (z. B. die heiligen Kosmas und Damian) über „Dreiergruppen“ („Barbara mit dem Turm, Margareta mit dem Wurm [= Drache], Katharina mit dem Rädchen, das sind die heiligen drei Mädchen“) bis hin zu den „unendlichen Heiligen“, die an Allerheiligen gefeiert werden, gibt es viele Zahlenheilige.
Aber nicht nur die Zahl Drei steht in Verbindung mit den Heiligen Drei Königen, auch die Zahl Acht. Denn nach alter Tradition hat der Stern von Betlehem acht Strahlen oder Zacken. Die Acht definiert im Christentum Christus, der am Tag nach dem Sabbat, dem Tag nach dem siebten Tag, also am achten Tag, auferstanden ist. Deshalb feiern die Christen das Fest der Auferstehung an jedem achten Tag. Die Zahl Acht ergibt sich, wenn man den ersten und den letzten Tag zusammen zählt.
Die Acht findet sich darum häufiger in der christlichen Symbolik und Ikonographie. Die Taufbecken vor allem sind gerne achteckig, weil der Täufling in ihnen mit Christus stirbt, indem er untertaucht, und mit Christus wiedergeboren wird, indem er wieder auftaucht. Da sich die Symbolik in jeder Eucharistiefeier wiederholt, wird das Oktogon gerne auch für das Kirchengebäude verwendet. Die Symbolik der Acht findet sich auch noch in unseren Redewendungen, wenn wir z. B. davon sprechen, uns in acht Tagen sehen zu wollen, und damit exakt eine Woche oder sieben Tage meinen.
Der achteckige Stern von Betlehem wird vielfach auch mit Christus gleichgesetzt. Christus taucht im Stern als Neugeborener oder in Form seines Monogramms IHS auf. Gern wird Christus statt in der Krippe auf einem achteckigen Stern liegend präsentiert.
Allerdings scheint die Symbolik der Acht nicht in allen Zeiten präsent gewesen zu sein, weshalb es auch schon im Mittelalter Sterne von Betlehem gibt, die weniger oder mehr Strahlen haben. Nach der Aufklärung scheint das Wissen verschüttet gewesen zu sein, denn der „Amtsstern“ der Kölner Domherren, der ja der Stern von Betlehem sein soll, der schließlich auf dem Vierungstürmchen über der Stelle thront, unter dem einmal der Dreikönigenschrein aufgestellt werden sollte, hat nur sechs Strahlen! Und noch eine symbolische Zahl: die Dreizehn. Das Fest Epiphanie, oft nur Dreikönige genannt, am 6. Januar, hieß im Mittelalter auch der „Dreizehnte“. Es ist der Tag nach den Zwölf Nächten, der Zeit zwischen den Jahren, der Phase vom 25. Dezember bis zum 6. Januar. Der „Dreizehnte“, nach heutigem Sprachgebrauch sozusagen „die Mutter aller Unglückstage“, bot sich gerade dazu an, alles Unglück dieser Welt, nach althergebrachtem Verständnis immer die Angriffe von Dämonen, abzuwehren.
Quelle: Heilige Drei Könige/Prof. Dr.theol. Manfred Becker-Huberti, Köln