Die christliche Vollkommenheit
Das Evangelium deutet uns das Ideal der Vollkommenheit an: «Seid vollkommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist» (Matth. 5, 48). Diesen Rat zu verwirklichen, lehrt uns am besten unser Herr Jesus Christus selber, der uns diesen Auftrag erteilt hat. Und in der Tat ist Jesus Christus, das absolute Ebenbild der Vollkommenheit unseres himmlischen Vaters, für uns das höchste Vorbild, das wir nachahmen müssen. Unser Herr, seine Tugenden, seine Lehren, seine Werke sind das vollendete Ideal der Vollkommenheit, dem der Mensch nachstreben muss.
Die Regeln zur Erlangung dieser Vollkommenheit finden sich im Gesetze Gottes, das, niedergelegt im Alten Testament, von Jesus Christus bestätigt und erfüllt worden ist: « Ich bin nicht gekommen, das Gesetz und die Propheten aufzuheben, sondern um sie zu erfüllen » (Matth. 5, 17); ferner in den Weisungen Jesu an seine Jünger und in den evangelischen Räten. Und damit der Mensch nicht dem Irrtum verfalle, in der Auslegung der Gebote und Räte, hat unser Herr Jesus Christus eine unfehlbare Kirche gegründet, die den göttlichen Beistand besitzt, um in Sachen der Glaubens – und Sittenlehre nicht zu irren. Die Treue zum kirchlichen Lehramt ist demnach die Art und Weise, wie alle Menschen das Ideal der Vollkommenheit, das ist unseren Herrn Jesus Christus, erkennen und ihr Leben nach diesem Ideal gestalten können.
Das haben die Heiligen getan. Indem sie auf heroische Weise die Tugenden übten, welche die Kirche lehrt, leisteten sie Christus und dem himmlischen Vater vollkommene Nachfolge. Die Wahrheit, daß von den Heiligen höchste moralische Vollkommenheit erreicht wurde, haben sogar Feinde der heiligen Kirche, wenn Wut und Bosheit sie nicht verblendeten, anerkannt und verkündigt; vom hl. Ludwig, König von Frankreich, schrieb zum Beispiel Voltaire: «Es ist dem Menschen nicht möglich, die Tugend noch weiter zu führen».
(Plinio Correa de Oliveira, Auszug aus „Der Kreuzzug des XX. Jahrhundersts“, Catolicismo, Januar 1951)