Lina Jurczik
Die EU-Kommission steht vor einem Rückschlag: Ihr Vorhaben, Kinder im Internet besser vor Missbrauch zu schützen, ist vorerst gescheitert. Innenkommissarin Ylva Johansson musste eingestehen, dass eine Verordnung zum Schutz vor Missbrauch im Netz vorerst blockiert ist. Die geplante Regelung sollte Kinder im Internet vor illegalen Aktivitäten schützen, doch die Umsetzung gestaltet sich schwieriger als gedacht.
Johansson hatte im Mai 2022 einen Vorschlag präsentiert, der auf eine obligatorische Überwachung unverschlüsselter Kommunikation abzielte. Die Idee war, Internetanbieter bei begründetem Verdacht auf illegale Aktivitäten zu verpflichten, die gesamte Kommunikation zu überwachen, einschließlich verschlüsselter Inhalte. Dies stieß jedoch nicht nur in Deutschland und den Niederlanden, sondern auch im Europäischen Parlament auf vehementen Widerstand. Kritiker bezeichneten die Pläne als „anlasslose Chat-Kontrolle“.
Die EU-Kommission versuchte, die Bedenken zu übergehen, aber Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Vorschläge nahmen zu. Ein Gutachten des Juristischen Dienstes des Rates kam zu dem Schluss, dass die vorgeschlagenen Überwachungsanordnungen eine schwerwiegende Einschränkung der Privatsphäre darstellen und gegen die Grundrechtecharta verstoßen würden.
Daraufhin wendeten sich mehrere Staaten von den Plänen ab, und die spanische Ratspräsidentschaft legte zwei abgeschwächte Entwürfe vor, die ebenfalls keine ausreichende Mehrheit fanden. Ein EU-Diplomat kommentierte resignierend: „Das Vorhaben ist faktisch tot. Wir müssen von vorn beginnen.“
Das Europäische Parlament versucht nun, eine ausgeglichenere Position zu finden. Im November einigte es sich auf eine Verhandlungsposition, die den rechtlichen Bedenken Rechnung tragen soll. Demnach sollen die Netzbetreiber selbst Maßnahmen ergreifen, um das Risiko von Kindesmissbrauch zu minimieren. Benutzer sollen unerwünschte Nachrichten blockieren können, und die Zugangskontrolle von Eltern soll verbessert werden. Überwachungsanordnungen sollen nur in begründeten Einzelfällen zulässig sein, zeitlich begrenzt und auf Personen mit ausreichendem Verdacht beschränkt.
Die steigende Verbreitung verschlüsselter Kommunikation stellt jedoch eine Herausforderung dar. Unternehmen wie Meta planen, Verschlüsselung als Standardoption anzubieten, was die Effektivität von Überwachungsmaßnahmen erheblich einschränken würde.
Die Diskussion um den Schutz von Kindern im Internet ist wichtig, aber die Mittel müssen rechtlich und ethisch vertretbar sein. Die EU-Kommission steht vor der Herausforderung, einen Kompromiss zu finden, der die Privatsphäre respektiert und gleichzeitig den Schutz von Kindern gewährleistet.
Das Internet bietet Kindern und Jugendlichen Chancen auf Teilhabe und Information. Zugleich entstehen online neue Räume, in denen Minderjährige Opfer von sexueller Gewalt werden können. Existierende Gesetze und Rechtsvorschriften hinken den technischen Entwicklungen oft hinterher oder fehlen gänzlich.
Der Schutz von Kindern und Jugendlichen muss daher auf den digitalen Raum ausgeweitet werden. Außerdem müssen bestehende Kinderschutzvorschriften den neuen Entwicklungen entsprechend angepasst und ergänzt werden. Insgesamt ist es wichtig, dass Gesetze zum Schutz vor dem Missbrauch von Kindern online in erster Linie den Schutz gewährleisten