Der Wertekonsens bildet die Grundlage des friedlichen Zusammenlebens der Menschen innerhalb einer Gesellschaft. Zerreißt dieser Konsens, spaltet sich die Gesellschaft entweder friedlich durch die Bildung eines neuen Staates, oder gewaltsam durch eine Revolution. Jedenfalls bedeutet der Verlust des Wertekonsenses eine tiefe Erschütterung im Leben eines Volkes. Dementsprechend muss der Wertekonsens wie ein Schatz gehütet werden. Die Mitglieder der Gesellschaft müssen erzogen werden, die Grundwerte zu achten und zu respektieren.
Das Christentum hervorbringt die Grundlage, auf der die Grundwerte dauerhaft geachtet werden können. Das Christentum hat seinen Ursprung in Gott. Seine Prinzipien sind ewig und stehen wegen des göttlichen Ursprungs außer Diskussion.
Man mag nun einwenden, dass es in der Gesellschaft auch Atheisten gibt. Sie glauben nicht an Gott und praktizieren keine Religion. Trotzdem sind die Atheisten in der Lage, die Prinzipien des Christentums für das gesellschaftliche Zusammenleben zu akzeptieren. Dafür müssen sie nämlich nicht an Gott glauben, sondern lediglich einsehen, dass die Beachtung der christlichen Prinzipien ein friedliches Zusammenleben zwischen den Menschen innerhalb der Gesellschaft ermöglicht.
Jedenfalls kommt man nicht an der Tatsache vorbei, dass die Menschen ein Wertesystem benötigen, um die Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens zu bestimmen. Wenn z.B. ein Europäer nach Japan auswandert, muss er nicht seine Religion wechseln, doch er muss sich einigermaßen an die japanischen Sitten und Bräuche anpassen, wenn er sich schon dazu entschieden hat, dort zu leben.
Genauso ist es in Europa bezüglich des Christentums. Europas Zivilisation hat seine Wurzeln im Christentum. Die Mentalitäten, das Rechtsempfinden, der zwischenmenschliche Umgang wurden vom Christentum geformt. Diese Tatsache missachten zu wollen, ist ungerecht und asozial.
Hier sind die christlichen Wurzeln sehr deutlich überall zu finden. Man muss nur an die vielen Kirchen denken, die den Mittelpunkt praktisch aller Städte und Dörfer bestimmen. Auf den Straßen entdeckt man immer wieder christliche Symbole: Wegkreuze, Oratorien, Heiligenstatuen usw.
Auch die sozialen Aufgaben des Staates ließen sich ohne Unterstützung der christlichen Kirchen gar nicht bewältigen: Kindergärten, Altersheime, Betreuung von Sozialfällen, Kranken und Obdachlosen. Die Zahl sozialer Einrichtungen, die von Christen geführt werden, lässt sich gar nicht genau ermitteln.
„Die Geschichte Ihres Volkes und des ganzen christlichen Abendlandes ist sehr reich an leuchtenden Beispielen und kostbaren Früchten solch mitverantwortlicher und vertrauensvoller Zusammenarbeit zwischen Staat, Gesellschaft und Kirche“, erklärte Papst Johannes Paul II. in seiner Ansprache beim Empfang durch den Bundespräsidenten am 15. November 1980 im Schloss Augustusburg in Brühl.
Es ist nicht zu verkennen, dass das Christentum in Europa deutlich an gesellschaftlicher Anerkennung verloren hat. Die Zahl der Kirchenaustritte belegt das. Dennoch ist das Christentum immer noch die bedeutsamste Kraft. Überall begegnen wir christlichen Bräuchen und Festen. Sonntags gibt es zwar weniger Kirchgänger als früher, doch schaffen es die Kirchen immer noch, mehr Menschen anzuziehen, als irgendeine andere Institution hierzulande.
Papst Johannes Paul II. mahnte die Politiker bei seiner ersten apostolischen Reise nach Deutschland im Jahre 1980, nicht zu vergessen, dass die Grundlagen des Staates, und vor allem die Grundlagen des deutschen Staates, christlich sind und nur so die Gesellschaft Früchte bringen kann: „Ich möchte diese meine Überlegungen, sehr geehrte Damen und Herren, nicht beschließen, ohne Sie, insbesondere diejenigen unter Ihnen, die mit mir die gleichen Glaubensüberzeugungen teilen, dazu aufzurufen, sich der christlichen Grundlage der Geschichte Ihres Volkes und der christlich geprägten Grundverfassung Ihres heutigen Staates wieder neu bewusst zu werden“ (Papst Johannes Paul II.: Ansprache beim Empfang des Bundespräsidenten im Schloss Augustusburg, Brühl, am 15. November 1980).
Sieben Jahre später, am 4. Mai 1987, wiederholte der Papst in Speyer diese Mahnung, jetzt direkt an Bundeskanzler Kohl gewandt: „Es ist jedoch zugleich ein Gebot der Stunde, dass Staat und Kirche sich im Interesse des Gemeinwohls gemeinsam darum bemühen, jene Grundwerte und -rechte in der heutigen Gesellschaft zu fördern, die allein ein menschenwürdiges Zusammenleben gewährleisten und dem Menschen helfen, seine Freiheit verantwortungsbewusst gegenüber Gott und seinem Mitmenschen zu gebrauchen.“
Auch Papst Benedikt XVI. erläutert regelmäßig die Notwendigkeit der Achtung der Sittengesetze durch die Politik: „Wo die christlichen Grundlagen der Gesellschaft Gefahr laufen, in Vergessenheit zu geraten, wird es immer schwieriger, die jeder Kultur innewohnende transzendente Dimension zu wahren und die authentische individuelle Freiheit gegen den Relativismus zu stärken. Ein solches Dilemma fordert sowohl die kirchlichen wie die staatlichen Verantwortlichen auf, die eingehende Diskussion über die Frage der Moral in der Öffentlichkeit zu fördern. In dieser Hinsicht besteht heute die Notwendigkeit, eine Sichtweise von der wechselseitigen Beziehung zwischen dem staatlichen Gesetz und dem Sittengesetz wiederzuentdecken, die sowohl von der christlichen Tradition vorgelegt wird, als auch zum Erbe der großen Rechtstraditionen der Menschheit gehört“ (vgl. Evangelium Vitae, 71). Ansprache von Benedikt XVI. an den neuen Botschafter Neuseelands beim Hl. Stuhl, Herrn Geoffrey Kenyon Ward, Donnerstag, 16. Juni 2005.
Diese päpstlichen Mahnungen werden von der Politik oft missachtet. Die Grundrechte werden nicht gefördert, sondern ihr Schutz unterlassen. Die Grundrechte werden angegriffen, weil Blasphemie zugelassen wird.
Auszug aus dem Buch „Blasphemie – Angriff auf Kultur und Christentum“ von Mathias von Gersdorff


