Bei seinem Kreuzzug für die Erneuerung der christlichen Zivilisation hat Plinio Corrêa de Oliveira mit großer Aufmerksamkeit die wechselvolle Entwicklung der litauischen Nation verfolgt, die zuerst vom Nationalsozialismus und dann vom Kommunismus ohne Erbarmen niedergetreten wurde. Als es die Umstände dann zuließen, hat sich der brasilianische Denker dann auch unverzüglich für die Sache der Unabhängigkeit Litauens eingesetzt.
Eine kurze Einführung in die Geschichte des Landes soll dazu beitragen, seine Rolle im Laufe der Ereignisse, die sich in den letzten Jahrzehnten abgespielt haben, sowie das besondere Interesse, das diesen der katholische brasilianische Denker geschenkt hat, besser zu verstehen. Dieses Interesse ist vor allem darauf zurückzuführen, dass es sich hier um eine katholische Nation handelt.
Aus dem Dunkel des Heidentums zu einem strahlenden christlichen Reich
Es ist eine ziemlich mühsame Arbeit, die den Historiker erwartet, der versucht, die Herkunft von Völkern erforschen, die in einer von Stammeskriegen erschütterten Zeit unter einem fast patriarchalen Gesellschaftssystem und der Pflege heidnischer Bräuche lebten. Mit den Merkmalen arischer Rasse und einer mit dem Sanskrit verwandten Sprache, die noch deutlich archaische Züge trägt, hat das litauische Volk zwar seit grauer Vorzeit Spuren seines Daseins hinterlassen, jedoch lassen sich diese nur schwer mit Genauigkeit angeben.
Tatsächlich löst sich Litauen erst im 13. Jahrhundert endgültig aus den Nebelschleiern des Mittelalters und zeigt sich uns von nun an im Licht der Geschichte.
In dieser Epoche wandte sich der Deutsche Ritterorden, der seinen Sitz im polnischen Norden hatte, wo er das Land Ostpreußen geschaffen hatte, gegen Osten, um die Völker zu erobern, die an den östlichen Ufern der Ostsee siedelten. Dort lebten damals die Völker Litauens in einem Großfürstentum.
Als sich Großfürst Mindaugas bereit erklärte, die Taufe zu empfangen, sah Papst Innozenz IV. die Gelegenheit gekommen, die Litauer zum Christentum zu bekehren. Nach der Taufe Mindaugas’ und seiner Familie wies er den Bischof von Kulm an, ihn zum König von Litauen zu krönen. Scheinbar hat es Mindaugas bei seiner Bekehrung jedoch an Aufrichtigkeit gefehlt, denn er schwor später wieder dem Glauben ab und starb schließlich eines gewaltsamen Todes. Das Volk aber hielt weiterhin den heidnischen Göttern die Treue.
Unter der Herrschaft Gediminas’, des Gründers von Wilna und Eroberers weiter russischer Gebiete, die heute zu Weißrussland oder zur Ukraine gehören, erreichte das Großfürstentum Litauen große politische Bedeutung. 1323 äußerte Gediminas dann in einem Schreiben an den Papst den Wunsch, zum katholischen Glauben überzutreten. Er lud zudem die Franziskaner und Dominikaner ein, das Land zu missionieren. Unter dem ständigen Druck der Ritter des Deutschen Ordens verlegte sich Gediminas auf eine kluge Bündnispolitik mit verschiedenen Nachbarstaaten. Zum wichtigsten Partner wurde nun Polen, ein Land, das immer wieder unter den Einfällen der Preußen, der Tartaren und auch der Litauer selbst zu leiden hatte. König Wladyslaw Lokietek (1306-1333) vermochte fast ganz Polen wieder zu vereinen und gab die polnische Krone an seinen Sohn Kasimir III. den Großen (1333-1370) weiter. Gediminas, der sich mit Wladyslaw verbündet hatte, gab Kasimir seine Tochter Aldona zur Frau und schuf damit noch engere Beziehungen zwischen den beiden Herrscherhäusern.
Als Gediminas 1341 starb, erbten seine sieben Söhne das Großfürstentum. Unter diesen taten sich vor allem Algirdas und Kestutis als seine Nachfolger hervor. Vereint kämpften sie im Krieg gegen die Preußen. Algirdas starb 1377 als christlicher Mönch. Sein Nachfolger wurde sein zweiter Sohn Jogaila oder Jagiello. Im Gegensatz zur Freundschaft, die vorher seinen Vater und seinen Onkel verbunden hatte, verwickelte er sich in innere Auseinandersetzungen um die Fürstentümer Trakai und Wilna. Nach dem Abschluss eines Paktes mit dem Deutschen Orden ermordete Jagiello seinen Onkel Kestutis und nahm dessen Sohn Vytautas gefangen. 1392 wurde Vytautas jedoch von Anhängern Kestutis’ befreit und vom Adel des Landes zum Großfürsten Litauens gewählt. Der mit dem Beinamen der Große geehrte Vytautas trat zum katholischen Glauben über und wird noch heute von vielen als der eigentliche Begründer des litauischen Staates angesehen. An der Spitze eines verbündeten Heeres schlug er 1410 endgültig die Deutschordensritter und 1415 wurde er vom Konstanzer Konzil zum Oberbefehlshaber der Bündnistruppen im Kampf gegen die Türken ernannt.
Mit dem Tod Kasimirs des Großen war in Polen 1370 die Piasten-Dynastie erloschen. Die polnische Krone ging damit auf seinen Schwiegersohn Ladislaus aus dem ungarischen Königshaus über. Dieser gab 1386 Jagiello die Hand seiner Tochter Hedwig. Daraufhin bekehrte sich der litauische Fürst zum Christentum und bestieg nach seiner Taufe in Krakau den polnisch-litauischen Thron als Wladyslaw II. Er wurde damit zum Begründer des Herrscherhauses der Jagiellonen. Die beiden Länder bildeten von da an einen gemeinsamen Staat, behielten jedoch ihre je eigene Regierung. Die Bekehrung Jagiellos, der sich später mit seinem Vetter Vytautas versöhnte, trug entscheidend auch zur endgültigen Bekehrung Litauens zum katholische Glauben bei. Einem Enkel Jagiellos und Hedwigs, Kasimir IV., wurde die Ehre der Altäre zuteil; als heiliger Kasimir ist er der Patron Litauens.
Die Dynnastie der Jagiellonen regierte bis 1572, während Litauen und Polen durch die wiederholte Ratifizierung der Personalunion noch bis 1795 vereinigt blieben. Mit dem allgemeinen Niedergang im 18. Jahrhundert verfiel auch diese Allianz. Und fast ganz Litauen kam nun 1795 unter russische Herrschaft. Die Litauer schlossen sich 1830 und 1863 den polnischen Aufständen gegen die Russen an, unter denen sie auch ihres katholischen Glaubens wegen härtesten Verfolgungen ausgesetzt waren.
Als Teil der „Nordwestlichen Provinzen“ büßte Litauen 1840 sogar seinen Namen ein. Besonders grausam war die 1863 von dem damaligen Gouverneur Muriaev durchgeführte Unterdrückung.
Opfer des Nationalsozialismus und des Kommunismus
Die aus dieser Lage hervorgegangene Stimmung gegen Russland ließ sich 1905 für kurze Zeit von den Erfolgen der anti-zaristischen Revolution täuschen, in der bereits die Vorzeichen des Kommunismus zu erkennen waren. Im Ersten Weltkrieg wurde die alte litauische Hauptstadt Kaunas 1915 dann von deutschen Truppen besetzt. Nach dem Triumph der Oktoberrevolution 1917 zog das litauische Parlament die Selbständigkeit unter deutschem Protektorat vor. Als aber dann 1918 das Königreich Litauen ausgerufen werden sollte, fielen diese Pläne dem Sturz der zentralen Monarchien zum Opfer. Unter englischem und französischem Schutz wurde Litauen nun eine Republik, die sich wiederholt gegen Gebietsansprüche Polens und Angriffe gegen die Unabhängigkeit des Landes zur Wehr zu setzen hatte.
1939 besetzte Hitler Klaipeda (das frühere Memelgebiet im nördlichen Ostpreußen) und kurz darauf drang die Rote Armee in Wilna ein. Auf diese Weise sollte sich der abscheuliche, am 23. August 1939 von den Vertretern des deutschen Nationalsozialismus und des russischen Kommunismus unterzeichnete Ribbentrop-Molotow-Pakt auch auf Litauen auswirken. Hitler versicherte Stalin in diesem Pakt, dass er sich einer Besetzung Litauens durch die kommunistischen Truppen nicht widersetzen würde. Am 28 September wurde diese Abmachung dahingehend ergänzt, dass Litauen, abgesehen von einem schmalen Grenzstreifen im Süden des Landes, völlig in sowjeteische Hände übergehen sollte. 1941 wurde auch dieses Gebiet gegen Zahlung einer Entschädigung an Deutschland an die Russen abgetreten. Kurz darauf wurde Litauen offiziell in die sogenannte Sowjetunion aufgenommen. Am selben Tag, an dem die Truppen Nazideutschlands in Paris einzogen, brachte die Rote Armee Litauen in ihre Gewalt.
Die Besetzung durch die Nazis und dann durch die Kommunisten hatte zur Folge, dass die Bevölkerung Litauens mehrere Verhaftungswellen über sich ergehen lassen musste: Zuerst hatten die Deutschen rund 300.000 unerwünschte Litauer umgebracht, dann kamen 1940 die Russen und deportierten etwa 145.000 Litauer. Und immer wieder wurden zahllose Katholiken festgenommen und zu Tode gefoltert. In der Nacht vom 14. auf den 15 Juni pferchten die Russen rund 35.000 Männer, Frauen und Kinder in Viehtransportwaggons zusammen und verfrachteten sie nach Sibirien in Konzentrationslager. Zwischen 1944 und 1953 (Todesjahr Stalins) wurden schätzungsweise 600.000 Litauer deportiert. Die große Mehrheit davon hat die Heimat nie wiedergesehen.
„Schandfleck unserer Zeit“
Die Erinnerung an die erst vor kurzem zu Ende gegangene Geschichte der sowjetischen Unterdrückung, die sich über mehr als ein halbes Jahrhundert erstreckt hat, ist noch immer sehr lebendig. Die Statthalter Moskaus zwangen den Menschen in den Sowjetrepubliken während all dieser Jahre eine Herrschaft auf, die soviel Elend und Knechtschaft mit sich brachte, dass die damals von Kardinal Ratzinger, dem heutigen Papst Benedikt XVI., geleitete Kongregation für die Glaubenslehre diese in einer Instruktion zu Recht als einen „Schandfleck unserer Zeit“ bezeichnete (1).
Zahllose Werke und Unterlagen bezeugen das Ausmaß und die Grausamkeit dieser Tyrannei. Gegen sie hat sich Plinio Corrêa de Oliveira immer wieder in seinen Reden, Vorträgen und Beiträgen, vor allem aber in den von ihm geleiteten Presseorganen Legionário und Catolicismo, ausgesprochen.
Litauischer Kongress in São Paulo
Der Gründer der TFP ließ es aber nicht bei bloßen Worten bewenden. Er nahm Kontakt zu führenden Vertretern von in São Paulo ansässigen Flüchtlingsgruppen aus den unterdrückten Völkern auf, um sie im Kampf gegen die kommunistische Unterdrückung in ihren Heimatländern zu unterstützen. In diesem Sinne versuchte er, sie in einer repräsentativen, an gemeinsamen Grundsätzen orientierten Vereinigung der vom Kommunismus unterdrückten Völker zusammenzuführen. Die in den sechziger Jahren aus diesen Bemühungen hervorgegangene Organisation nannte sich Pro Libertate und setzte sich aus Vertretern der wichtigsten Flüchtlings-„Kolonien“ in São Paulo zusammen.
Als in dieser Stadt der III. Interamerikanische Litauer-Kongress stattfand, trat Plinio Corrês de Oliveira in seiner Rede für die Durchführung einer Unterschriftensammlung auf internationaler Ebene ein, mit der der Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika aufgefordert werden sollte, jeden Dialog mit dem Kreml davon abhängig zu machen, dass den baltischen Staaten dafür die Unabhängigkeit zu gewähren sei. Bei dieser Gelegenheit konnte sich sein Vorschlag jedoch nicht gegen die damals äußerst intensiv geführte Propaganda zugunsten einer Entspannung gegenüber den kommunistischen Ländern durchsetzen. Doch sollte der Gedanke später mit den Bemühungen um die Unabhängigkeit Litauens wieder aufleben.
Um die ganze Entwicklung besser verstehen zu können, die schließlich zur Befreiung Litauens geführt hat, ist es unerlässlich, zuerst einen Blick auf die Vorgänge in der damaligen kommunistischen Welt zu werfen.
Die Unzufriedenheit wächst
Sowohl in Russland als auch in den Satellitenstaaten führten die Ausmerzung der Freiheit, das Elend und die Tyrannei der Gefängnisse und Konzentrationslager zu einem tiefen, ständig zunehmenden Unbehagen. In einer Veröffentlichung zu diesem Thema bezeichnete Plinio Corrêa de Oliveira dieses Unbehagen als eine Unzufriedenheit in Großbuchstaben, denn in ihm strömte alle regionale und nationale, wirtschaftliche und kulturelle Unzufriedenheit zusammen, die sich im Laufe vieler Jahrzehnte angesammlet hatte. Er drückte dies in folgenden Worten aus:„Es war eine totale Unzufriedenheit, die vom Einzelnen stumm und wie gelähmt in seiner Wohnung, seiner Hütte, seiner Kate ertragen wurde, wo die Familie bereits aufgehört hatte zu bestehen und an die Stelle der Ehe das Konkubinat getreten war.
Unzufriedenheit, weil die Kinder dem elterlichen „Heim“ entzogen und dem Staat überantwortet wurden, der nun ganz allein für ihre Erziehung zuständig war.
Unzufriedenheit auch am Arbeitsplatz, wo Faulheit, Untätigkeit und Langeweile einen großen Teil der Zeit ausfüllten und die schäbigen Löhne nur zum Kauf von Lebensmitteln und Waren in ungenügender menge und von schlechter Qualität, dem typischen Produkt einer verstaatlichten und vom Staatskapitalismus gegängelten Industrie, reichten. In den langen Schlangen, die vor Geschäften anstanden, aus deren fast leeren Regalen das schamlose Elend bleckte, wurde flüsternd vom qualitativen und quantitativen Mangel an allem gesprochen.
Unzufriedenheit vor allem auch, weil fast überall der Gottesdienst verboten war, die Kirchen geschlossen waren und in den Schulen der Religionsunterricht durch die Pflichtfächer Materialismus und Atheismus, kurzum durch die kommunistische Unreligion ersetzt worden war.“ (2)So ist es durchaus verständlich, dass sich die unterdrückten Völker – sowohl in der sogenannten Sowjetunion als auch in ihren Satellitenstaaten – danach sehnten, das unerträgliche Joch endlich abzuschütteln. In dieser Hinsicht konnten die Aufstände in Ungarn 1956 und in der Tschechoslowakei 1968 als Vorbilder angesehen werden.
Sozialismus „mit menschlichem Gesicht“
Der Aufstand in Ungarn wurde gewaltsam niedergeschlagen. Der „Prager Frühling“ dagegen wurde von einem Vertreter des sogenannten Sozialismus „mit menschlichem Gesicht“ angeführt, wie ihn übrigens auch die Sozialistische Partei Frankreichs des Präsidenten François Mitterand für die achtziger Jahre in ihr Programm aufgenommen hatten. In einer Botschaft, die von den TFP-Vereinigungen in den wichtigsten Zeitungen der Welt mit einer Gesamtauflage von 33 Millionen Exemplaren in einer Vielzahl von Ländern veröffentlicht wurde, hat Plinio Corrêa de Oliveira dem Sozialismus diese Maske eines „menschlichen Gesichts“ heruntergerissen. (3) Worin bestand dieser „Sozialismus mit menschlichem Gesicht“ Mitterands und seiner Partei im Wesentlichen? Es ging vor allem darum, in den Familien, in den Schulen, in den Unternehmen die Selbstverwaltung einzuführen. Statt zurückzuweichen, sollte damit ein Schritt „über den Kommunismus hinaus“ getan werden; gemäß den Lehren von Marx und Lenin war man bereit, den Staat und alle seine Einrichtungen zu zerschlagen und an seine Stelle die Anarchie der Selbstverwaltung zu setzen. (4)
Obwohl es von der Presse und von einem bestimmten wirtschaftlichen, politischen und religiösen Establishment als unerschütterlicher Riese hingestellt wurde (und bis zu einem gewissen Punkt immer noch wird) – vollmundig sprach man von der anderen „Supermacht“ –, war das Sowjetimperium in Wirklichkeit nicht mehr als ein Leprakranker, dessen faulendes Fleisch zusehends zerfiel. Die Kraft der „Supermacht“ beruhte vor allem auf der Unterstützung und den Mitteln, die aus dem Westen kamen. Nachdem nun der „Sozialismus mit menschlichem Gesicht“, der die westliche Welt unmittelbar den fortschrittlichsten Zielen des Kommunismus entgegenführen sollte, entlarvt worden war, brachten die Rädelsführer der marxistischen Revolution eine neue Komödie auf den Spielplan, indem sie den neuen sowjetischen Generalbevollmächtigten, Michail Gorbatschow, ins Rampenlicht treten ließen.
Das große Täuschungsmanöver der Perestroika
Gorbatschow, von den Medien des Großkapitalismus weltweit als ein Mann von außerodentlichen Qualitäten und Reizen hingestellt, verstand es, einen der öffentlichkeitswirksamsten Schachzüge des Kommunismus in ein russisches Glückswort – Perestroika – zu verpacken und damit die westliche Welt für sich einzunehmen.
Was bedeutet Perestroika? – Mit diesem Begriff sollte eine interne Umstrukturierung jener Staaten bezeichnet werden, die damals die Sowjetunion bildeten – zu diesen zählte auch Litauen – beziehungsweise als Satelliten zum Warschauer Pakt gehörten; ihr Ziel bestand darin, diese Länder aus dem chronischen Elend herauszuführen, in das sie geraten waren. Die Perestroika sollte durch die Glasnost, einen neuen, von Transparenz in den Beziehungen zwischen den kommunistischen Ländern und der freien Welt geprägten Stil ermöglicht werden.
Gorbatschow erklärte, der Zweck seiner Reformen liege darin, „den Übergang von einem extrem zentralisierten und von Weisungen von oben abhängigen Dirigismus zu einem demokratischen, auf einer Verbindung von demokratischem Zentralismus und Selbstverwaltung beruhenden System“ zu garantieren. Nach Gorbatschows Worten bedeutet Perestroika „Masseninitiative, volle Entwicklung der Demokratie, sozialistische Selbstverwaltung, Anspornung zu Initiative und schöpferischem Einsatz, bessere Disziplin und Ordnung, mehr Glasnost (Transparenz), Kritik und Selbstkritik in allen gesellschaftlichen Bereichen“.(5)
Wie aus seinem Buch deutlich hervorgeht, nahm Gorbatschow mit seinem Einreten für die sozialistische Selbstverwaltung lediglich die Ideen Lenins wieder auf. „Perestroika bedeutet demnach nicht, wie viele meinen, ein Zurückweichen des Kommunismus, sondern ein Schritt nach vorn bei dem Versuch, das letzte Ziel der marxistisch-leninistischen Utopie zu verwirklichen“, warnt Plinio Corrêa de Oliveira. (6)
Es ging auch keineswegs darum, die marxistische Wirtschaft in eine Marktwirtschaft zu verwandeln. „Die Arbeiterklasse wird keinen unterstützen, der die Absicht hegt, die Sowjetgesellschaft kapitalistisch zu machen“, behauptete Gorbatschow.(7)
Worum ging es dann eigentlich?
In Wirklichkeit waren sowohl Perestroika als auch Glasnost nichts als eine weitere Aktion der revolutionären psychologischen Kriegsführung mit dem Ziel, die Widerstände gegen das kommunistische Denken im westlichen Lager abzubauen. Danach wäre es um so leichter, mit geschickten Maßnahmen der revolutionären psychologischen Kriegsführung eine Annäherung zwischen dem Osten und dem Westen in die Wege zu leiten. Auf diese Weise könnten dann die Ideen der Revolution wirksam in der freien Welt verbreitet werden.
Andererseits waren sich die Rädelsführer des seit 1917 in Russland und seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs in den Satellitenstaaten an der Macht befindlichen kommunistischen Molochs wohl bewusst, dass sie zwar die Massen beherrschten, diese jedoch nie wirklich überzeugen konnten. Früher oder später musste dies notgedrungen zu einer tiefen Krise im Regime selbst führen. Um diese Krise zu verbergen und zu überwinden bot Gorbatschow der Welt seine Perestroika an.
Die Berliner Mauer stürzt ein und es fällt der Eiserne Vorhang
Nichts davon verhinderte jedoch, dass in der kommunistischen Welt selbst sogenannte „konservative“ oder stalinistische Kreise die von Gorbatschow eingeleiteten Reformen voller Argwohn betrachteten. Und dass in den Satellitenstaaten das Streben nach Befreiung vom sowjetischen Joch immer stärker wurde.
Bei diesem Stand der Dinge kam es zu einem Aufsehen erregenden Ereignis: am 9. November 1989 sah die Welt vor ihren Augen die Berliner Mauer einstürzen, die die deutsche Hauptstadt zweigeteilt hatte: in einen westlichen, freien Teil und in einen östlichen, kommunisten Teil.
So kam der Sturz der Berliner Mauer noch zu den durch die Perestroika Gorbatschows ausgelösten Unruhen hinzu und gab der Sehnsucht nach Unabhängigkeit neue Nahrung, nicht nur in Litauen, sondern auch in Estland, Lettland, Polen, in der Teschechoslowakei, in Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien, Armenien und Aserbaidschan.
Die Folgen waren unvermeidlich: Der Fall der Berliner Mauer führte auch zum Abbau des Eisernen Vorhangs, der die kommunistischen Länder von der freien Welt trennte. Damit waren die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass entschlossene Länder wie Litauen das Joch Moskaus abschüttelten.
Litauen erklärt sich unabhängig. Moskau übt Druck aus
Die Umstände, unter denen es am 11. März 1990 zur Unabhängigkeit Litauens kam, sollen hier von Antanas Racas, einem ihrer treuesten Vorkämpfer und Streiter, näher beschrieben werden. Er war damals Mitglied des litauischen Parlaments und arbeitete eng mit Vyatautas Landsbergis, dem neuen Staatschef Litauens, zusammen. Doch zuerst wollen wir kurz auf jene Ereignisse eingehen, die für ein Verständnis der Maßnahmen notwendig sind, die damals im Westen mit dem Ziel unternommen wurden, die Unabhängigkeit Litauens abzusichern. Diese Absicherung war deshalb geboten, weil Litauen mit seinen gut drei Millionen Einwohnern, die ihre Hauptstadt und ihr Land von der Roten Armee besetzt sahen, auf keinen Fall in der Lage gewesen wäre, dem sowjetischen Moloch ohne ein großes politisches Geschick und wichtige internationale Unterstützung entgegenzutreten.
Tatsächlich begann Moskau gleich nach der Unabhängigkeitserklärung, einen starken politischen Druck auf Vilnius auszuüben. Am 15. März erklärte das Parlament der UdSSR den Unabhängigkeitsakt als ungültig. Eine Woche später wurden die öffentlichen Gebäude und die wichtigsten Zeitungsredaktionen der Hauptstadt von sowjetischem Militär besetzt. Gleichzeitig verhängte der Kreml eine Wirtschaftsblockade über Litauen und stellte die Lieferung von Erdöl und Erdgas an das Land ein. Schließlich schlug er zynisch eine zwei- bis dreijährige „Einfrierung“ bzw. Aussetzung der Unabhängigkeit vor.
Später weiterte Gorbatschow bei einem Besuch in den USA diese Frist noch auf „fünf bis sieben Jahre“ aus und löste damit starke Proteste von Seiten amerikanischer Kongressabgeordneten aus. Wie trügerisch ein solches Versprechen klingen musste, wird deutlich, wenn man überlegt, dass während dieser Frist das Sowjetregime Litauen mit Truppen, Opportunisten und einer „fünften Kolonne“ vollstopfen und damit eine effektive Unabhängigkeit unmöglich machen konnte. Das Einfrierungsangebot war also nicht mehr als ein Täuschungsversuch, mit dem Gorbatschow die Fortdauer der russischen Herrschaft über das Land zu kaschieren gedachte.
Um nicht Gorbatschows Missfallen zu erregen …
Auch auf diplomatischem Wege suchten die Machthaber im Kreml die einflussreichsten Länder des Westens, wie etwa die Vereinigten Staaten, Deutschland und Frankreich, dazu zu bewegen, ihrerseits Druck auf Litauen auszuüben, das sowjetische Angebot anzunehmen. Dabei wurde das fadenscheinige Argument ins Spiel gebracht, dass Gorbatschow im Falle eines Misserfolgs seiner Bemühungen um die Rückgabe der Macht in Litauen an die Moskauer Hardliner mit einer Erstarkung des internen Widerstandes dieser Kreise gegen seine Perestroika-Politik zu rechnen hätte, was wiederum politische und militärische Konsequenzen nach sich ziehen würde, die den Weltfrieden in Gefähr bringen könnten.
Nach der Unabhängigkeitserklärung reiste die litauische Premierministerin Kazimiera Prunskiene auf der Suche nach Unterstützung für die Sache ihres Volkes nach Washington. Die renommierte Zeitschrift Human Events berichtete in ihrer Ausgabe vom 19. Mai 1990, dass die Regierungschefin damals bei ihrer Ankunft zur Besprechung mit dem Kabinett des Präsidenten Bush (Vater des jetzigen Präsidenten) eine „gemeine Behandlung“ zuteil wurde. Das Treffen war vom Weißen Haus erst widerstrebend anberaumt worden, nachdem deutlich geworden war, dass mangelndes Interesse politischen Schaden anrichten würde.
„Es erwarteten sie keine litauischen Fahnen, keine Ehrengarde war angetreten, ja nicht einmal polizeiliches Geleit wurde ihr gewährt“, fährt die Zeitschrift fort. Frau Prunskiene wurde mit ihrem Wagen nicht in die Anlagen des Weißen Hauses eingelassen. Man wies sie an aussteigen, verlangte die Vorlage eines sowjetischen – nicht etwa ihres litauischen – Passes und ließ sie dann noch zehn Minuten stehen, bevor sie ohne Begleitung zu ihrer Zusammenkunft mit Bush ins Weiße Haus gehen durfte. Und das alles nur, weil das Weiße Haus Gorbatschow nocht brüskieren wollte.“
Ein andermal sickerte die Information durch, dass Präsident Bush (es handelt sich hier stets um den gleichnamigen Vater des heutigen Präsidenten) irritiert auf das Zögern der litauischen Führung reagiert habe, auf das Verhandlungsangebot Moskaus einzugehen. Zu dieser Zeit soll ein hoher Beamter des Außenministeriums den Journalisten gegenüber geäußert haben: „Indem sie sich unfähig zeigen, einen gemeinsamen Entschluss zu fassen, erweisen sich die Litauer einigermaßen pedantisch.“
Zu diesen Vorkommnissen ließ sich die Zeitschrift Catolicismo im Juli 1990 so vernehmen: „Soweit ist es nun gekommen: Ein Land, das einst frei gewesen war und dann fünfzig Jahre lang unrechtmäßig unterjocht wurde, wird als „einigermaßen pedantisch“ bezeichnet, weil es sich nicht bereit erklärt, ohne „internationale Garantien“ das Angebot seines Henkers anzunehmen, das es unweigerlich wieder in die Gefangenschaft zurückführen wird.“
Feldzug der TFP ermutigt das litauische Volk
Angesichts dieser Lage beschloss Plinio Corrêa de Oliveira, einen großen öffentlichen Feldzug der Vereinigungen zur Verteidigung von Tratidion, Familie und Privateigentum (TFP) in die Wege zu leiten, um mit Hilfe einer Unterschriftensammlung zur Unterstützung der Unabhängigkeit Litauens aufzurufen. Denn nur eine moralische Erhebung all derer, die sich der kommunistischen Diktatur widersetzten, konnte Litauen vor der Gefahr schützen, infolge von Machenschaften oder aus politischem bzw. militärischem Kalkül auf dem Alter des Sowjetregimes geopfert zu werden.
Die Unterschriftenkampagne nahm am 1. Juni 1990 in Brasilien ihren Anfang und erfasste nach und nach alle übrigen Schwestervereinigungen in 20 weiteren Ländern. Die TFP-Aktivisten entfalteten ihre roten Standarten mit dem goldenen Löwen und gingen, die Parolen der Kampagne skandierend, auf die Straßen: Zu deinen Gunsten, Litauen, erhebt sich nun ein stolzer, edler Protest.
Die 20 TFPs und ihre Büros sammeln Unterschriften von Menschen, die die unbändige Kraft lieben und bewundern,mit der du, glaubensstarkes Volk, deine Unabhängigkeit verteidigstund den Atheismus zurückweist.
Christliches Litauen, freies Litauen, bleibe stark mit Entschiedenheit und Mut.
Weltweit schlagen Millionen von Herzen für dein Schicksalund beten für deine Unabhängigkeit.
Der Unterschriftensammlung geht ein Schreiben an den Präsidenten Litauens, Herrn Vytautas Landsbergis voran, in dem es heißt: „Die Unterzeichneten verfolgen mit teilnahmsvoller Aufmerksamkeit das Drama, das Ihr edles Vaterland In diesen Tagen durchmacht.
In ihm erkennen sie eines der unschuldigen Opfer des verhängnisvollen Paktes vom 23. August 1939, der dem Lande auf unrechtmäßige und gewaltsame Weise die Unabhängigkeit nahm. Und schaudernd verfolgten sie das Brausen der Hoffnung, die Litauen erzittern ließ, als sich ihm infolge der jüngsten Ereignisse die Möglichkeit auftat, nach 50 Jahren grausamer Gefangenschaft wieder seine Unabhängigkeit zu erlangen.
Wenn nun die Nebel der unsteten internationalen Lage Ihre gerade erst wiedererstandenen Hoffnungen erneut einzuschränken beginnen, sprechen wir uns mit unserem Protestruf gegen jede Art politischer Abmachung aus, die Ihnen angeboten wird, um die Durchführung des ruhmvollen Dekrets hinauszuschieben, mit dem Sie sich vor kurzem zu einem freien, unabhängigen Volk erklärt und stolz einen gebührenden Platz in der Gemeinschaft der Völker gefordert haben. In diesem Sinne, Herr Präsident, können Sie stets mit der Unterstützung, dem Respekt und der Bewunderung der Unterzeichneten rechnen, die darauf Wert legen, Ihnen ihre Haltung gerade in diesem Augenblick mitzuteilen, in dem sich die Sache Ihrer Unabhängigkeit in einer kritischen Lage sieht.
Der edle Wahlspruch Ihres Volkes heißt „Lituania terra Mariae“. Wir flehen daher die hehre Patronin Ihres Landes an, sie möge Ihnen beistehen und Sie in Tapferkeit auf den Weg der sofortigen Anerkennung Ihrer Unabhängigkeit durch alle freien Völker führen.“Am 19 Juni ließ die Regierung Litauens dem Leiter des Büros der TFP-Vereinigungen in Rom folgendes Dankesschreiben zugehen, das von dem damaligen Außenminister Algirdas Saudargas unterschrieben ist:„Dankbar haben wir Ihr Unterstützungsschreiben im Namen der TFP-Organisationen erhalten. Richten Sie bitte im Namen von Herrn V. Landsbergis und in meinem Namen Herrn Prof. Plinio Corrêa de Oliveira, dem Vorsitzenden des Nationalrats der brasilianischen TFP, unseren ganz besondern Dank für die Unterstützung in unserem Kampf für die Unabhängigkeit Litauens aus. Seine Arbeit ist uns in diesem schwierigen Moment für unser Vaterland hochwillkommen und ermutigend.
Ich habe erfahren, dass Ihre Organisationen eine Unterschriftensammlung für die Unabhängigkeit Litauens durchführen und dass sich bereits mehr als eine Million Menschen in die Listen eingetragen haben. Es ist dies eine der wichtigsten Initiativen moralischer Unterstützung, die wir bisher aus der westlichen Welt erhalten haben. Auch für diese Aktion danken wir Ihnen sehr.“
Das Parlament gibt nach. Der Kreml lässt die Maske fallen
Am 26. Juni verstärkte Gorbatschow den Druck auf die litauische Regierung weiter, indem er den Präsidenten Landsbergis nach Moskau einlud, um ihm die Aufhebung der Konsequenzen der Unabhängigkeitserklärung vorzuschlagen. Der litauische Staatschef nahm die Einladung an und reiste zusammen mit seiner Regierungschefin, Frau Kazimiera Prunskiene, nach Moskau. Nach ihrer Rückkehr unterbreiteten sie dem Parlament das Angebot Moskaus.
Bei der Abstimmung im Parlament wurde das sowjetische Angebot mit 66 gegen 35 Stimmen angenommen. In einer Erklärung der Legislative wurde festgelegt, dass die Auswirkungen der Unabhängigkeit während einer Frist von hundert Tagen nach Beginn der Verhandlungen mit Moskau ausgesetzt werden sollten. In derselben Erklärung hieß es auch, dass das Moratorium ipso facto aufgehoben würde, falls das Parlament daran gehindert würde, seinen Aufgaben ungehindert nachzugehen. Am 1. Juli wurde zwar die vom Moskauer Regime gegen Litauen verhängte Wirtschaftblockade aufgehoben, doch schon zwei Tage darauf kühlte eine Erklärung des sowjetischen Premierministers Nikolai Rischkow den Optimismus gewisser litauischer Amtsinhaber ab. Nach Rischkow wären 100 Tage „gerade genug, um prinzipielle Fragen zwischen beiden Partnern zu lösen“. Am 7. Juli wurde der Premierminister der UdSSR vor den Delegierten des 28. Kongresses der KPdSU noch deutlicher: Die Unabhängigkeit Litauens habe sich „strikt an die Vorschriften des sowjetischen Abspaltungsgesetzes zu halten“. Nach diesem Gesetz waren folgende Voraussetzungen zu erfüllen: 1. Durchführung einer Volksbefragung in Litauen. Eine Absonderung von der UdSSR konnte nur erfolgen, wenn mindestens zwei Drittel der Bevölkerung dem Antrag zustimmten. 2. Auch der Oberste Sowjet hatte der Absonderung zuzustimmen. 3. Die Sowjetunion sollte eine Reihe von Entschädigungen erhalten. 4. Es war eine Übergangsfrist von fünf Jahren einzuhalten.
Das waren Bedingungen, wie sie der Löwe dem Lamm zu stellen pflegt. Auf gesetzlichem Wege war es damit praktisch unmöglich, Litauen unabhängig zu machen.
Die größte Unterschriftensammlung der Geschichte. Zwei Opfer kostet sie das Leben
Während die Verhandlungen zwischen der litauischen Regierung und dem Kreml neue Fakten schufen, setzten die TFPs zielstrebig die Sammlung von Unterschriften zur Unterstützung der Unabhängigkeit Litauens fort. Nach 130 Tagen hatten die Vereinigungen mit ihrer Kampagne in 26 Ländern nicht weniger als 5.218.020 zusammengetragen. Als die größte der Geschichte ging die Unterschriftensammlung sogar ins Guinness-Buch der Rekorde ein.
Von den 5,2 Millionen Unterschriften stammten mehr als die Hälfte aus Brasilien und rund eine Million aus São Paulo, wo sich der Sitz der brasilianischen TFP befindet und wo auch die größte Ansammlung litauischer Flüchtlinge in Brasilien anzutreffen ist. Die Aktivisten der brasilianischen TFP besuchten im Laufe der Kampagne insgesamt 141 Städte in 18 Bundesstaaten.
Die nordamerikanische TFP suchte ihrerseits über 180 Städte in 33 Bundesstaaten auf. In 127 Tagen wurden auch 108 Universitätsgelände besucht und insgesamt über 800.000 Unterschriften zusammengetragen. 41 Kongress-Abgeordnete schlossen sich ebenfalls der Kampagne an und unterschrieben den Brief an Präsident Landsbergis.
Der nordamerikanischen TFP kommt der Ruhm zu, für die Sache der Befreiung Litauens das kostbare Leben zweier Aktivisten, Joseph Porfirio und Dario Chang, geopfert zu haben; beide kamen bei einem Unfall mit einem Wagen der Vereinigung ums Leben, als sie bei der Unterschriftensammlung für die Unabhängigkeit Litauens die USA durchfuhren.
In verschiedenen Ländern schlossen sich auch zahlreiche katholische Erzbischöfe und Bischöfe der Kampagne an, mehr als die Hälfte von ihnen aus den drei Teilen des amerikanischen Kontinents.
Eine Abordnung der TFP in Moskau
Anfang Oktober 1990 wurde der Unterschriften-Feldzug abgschlossen. Nach einer genauen Überprüfung der Unterlagen und der Unterschriftenzahl kam am 2. Dezember eine Delegation von elf Vertretern der verschiedenen TFP-Organisationen in Brüssel zusammen und reiste von dort aus über Moskau nach Vilnius.
Diese Reise, die zum Beispiel zu Breschnews Zeiten noch undenkbar gewesen wäre, war nun angesichts der Schwächung der Zentralregierung infolge der in den Sowjetrepubliken und in Russland selbst erstarkten Oppositionskräfte gegen Gorbatschow möglich geworden. So liefen die Abordnung der TFPs und selbst die Litauer zwar noch eine gewisse Gefahr, doch konnte andererseits jede Zwangsmaßnahme von Seiten Moskaus zu einer völligen Bloßstellung der Glasnost-Propaganda Gorbatschows vor den Augen der Welt führen.
Die Gruppe hatte für die Reise eine offizielle Einladung des litauischen Parlaments erhalten. Auf dem Flughafen der sowjetischen Hauptstadt wurde die Delegation von dem Abgeordneten Antanas Racas, Mitglied des außenpolitischen Ausschusses des litauischen Parlaments, Vertretern des International Lithuanian Center und einem Team des litauischen Fernsehens empfangen.
Der Abgeordnete Racas machte deutlich, dass zu diesem Zeitpunkt die Lage in Litauen sehr gespannt war und daher das Eintreffen der Delegation als providentiell anzusehen sei.
In dem für die Nomenklatura (hohe Funktionäre des kommunistischen Regimes) reservierten VIP-Raum wurde die Abordnung von der litauischen Premierministerin Kazimiera Prunskiene begrüßt, die gerade von einer Auslandsreise zurückkam. Sie hieß die Delegation in portugiesischer Sprache willkommen (hier sei noch einmal daran erinnert, dass ja die meisten Unterschriften aus Brasilien stammten) und hielt anschließend eine Rede auf Deutsch, in der sie auf die heiklen politischen Beziehungen zwischen Litauen und dem Kreml einging. Die TFP-Abordnung befand sich demnach genau im Rachen des Wolfes …
Während des Abendessens in der litauischen Botschaft in Moskau erschien aus Vilnius kommend auch der Vorsitzende das Auswärtigen Ausschusses des litauischen Parlaments, der Abgeordnete Emanuellis Zingeris, der eine Willkommensbotschaft des Präsidenten Vytautas Landsbergis überbrachte. Der Abgeordnete dankte für die Anwesenheit der Delegation in diesem für sein Land so entscheidenden Moment.
Spät am Abend bat Präsident Landsbergis den Leiter der TFP-Abordnung, Herrn Caio Vidigal Xavier da Silveira, ans Telefon, um ihm noch einmal persönlich für den Besuch zu danken. Am folgenden Morgen rief dann der litauische Staatschef Herrn Xavier da Silveira nochmals an, um ihm mitzuteilen, dass er das Präsidentenflugzeug nach Moskau beordern werde, um die Delegation abzuholen.
Am folgenden Tag stattete die Delegation dem Moskauer Stadtrat einen offiziellen Besuch ab und kam anschließend mit einer Gruppe von Abgeordneten zusammen, die gegen die Kommunistischen Partei opponierten. Noch während der Besprechung trafen ein Team des litauischen und ein anderes des sowjetischen Fernsehens ein; beiden gaben die TFP-Vertreter eine Reihe von Interviews. Am Abend reiste die Abordnung schließlich nach Vilnius weiter.
Aushändigung der Listen in Vilnius. Dankesbezeigungen
Am 4. Dezember wurde die Delegation von Präsident Landsbergis empfangen. Bei dieser Gelegenheit wurde ihm offiziell die auf Mikrofilm festgehaltene Unterschriftensammlung zusammen mit einem Fotografie-Album mit Aufnahmen von der Kampagne in 26 Ländern überreicht. Beim Austausch der Geschenke übergab die Abordnung dem Staatspräsidenten außerdem ein kunstvolles Pergament mit dem Text der Unterschriftenkampagne und einer einzigen Unterschrift, nämlich der des Mannes, der die Kampagne ins Leben gerufen hatte und stets ihre treibende Feder gewesen war: Plinio Corrêa de Oliveira. Dazu kam Exemplar brasilianischen Kunsthandwerks, ein herrliches Schmuckbäumchen aus Topassteinen.
Zum Fest der Unbefleckten Empfägnis am 8. Dezember stattete die Delegation unter der Führung des Abgeordneten Antanas Racas, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Parlaments, den beiden wichtigsten Marienheiligtümern des Landes einen Besuch ab: dem Heiligtum Unserer Lieben Frau von der Pforte des Morgenrots, der Patronin der Gegend um Vilnius, und dem Nationalheiligtum von Šiluva. Die Mitglieder der Abordnung wurden an beiden Orten von der Bevölkerung festlich empfangen. Am 9. Dezember fand dann ein Besuch bei dem Kardinal-Primas von Litauen, Vincentas Sladkevicius, in Kaunas statt und am 10. wurde die Abordnung wiederum in Vilnius mit einer Parlamentssitzung geehrt.
Am Bahnhof wurde die Delegation zu ihrer Überraschung von einer begeisterten Menge begrüßt, die ihr als Zeichen der Wertschätzung Blumen, Souveniers, Süßigkeiten, Fotoalben usw. überreichte. Der Sekretär der im Kampf um die Unabhängigkeit besonders aktiven Sajudis-Partei händigte bei dieser Gelegenheit einen durch ein kunstvolles Lederetui geschützten Dankesbrief an die TFP-Vereinigungen aus.
Am letzten Tag des Litauenbesuchs traten sowohl Präsident Landsbergis als auch Mitglieder des Parlaments mit der Bitte an die Delegation heran, in einem Schreiben an Gorbatschow diesem das Ergebnis der Kampagne für die Unabhängigkeit des Landes mitzuteilen.
TFP im Kreml; KGB bescheinigt Erhalt
Als sie erfuhr, dass es sich um eine Abordnung der Gesellschaften zur Verteidigung von Tradition, Familie und Privateigentum handelte, holte die Beamtin im Empfang zuerst einmal Instruktionen auf Russisch ein. Inzwischen erschien eine massige, finster dreinblickende Gestalt und fragte:
„Was wollen Sie, Genossen?“
Der litauische Führer verbessert ihn:
„Das sind keine Genossen, sondern Herren.“
„Und was sollen all diese Kameras? Soll hier etwas festgehalten werden?“
„Ja“, gab der Führer zur Anwort.
„Wissen Sie nicht, dass es verboten ist, in Behörden wie dieser hier zu filmen?“
„Es steht nirgends geschrieben, dass es verboten ist, und was nicht verboten ist, ist erlaubt.“
In diesem Augenblick, als der Wachmann fast schon die Beherrschung verlor, unterschrieb die Empfangsdame, die in der Zwischenzeit auf eine telefonische Genehmigung gewartet hatte, die Empfangsbestätigung des Briefes an Gorbatschow und trug Datum und Uhrzeit ein: 11. Dezember 1990, 13:01 Uhr. Damit war der Schlusspunkt unter ein glorreiches Kapitel der Geschichte Plinio Corrêa de Oliveiras, der TFP-Vereinigungen und Litauens gesetzt.
Am Tag zuvor hatte Wladimir Kriutschow, der Chef des KGB, der gefürchteten politischen Polizei der Sowjetunion, im Moskauer Fernsehen erklärt, dass er „keinerlei Einmischung in unsere internen [der UdSSR] Angelegenheiten“ dulden werde, die „von Organisationen und Grüppchen ausgeht, die seit Jahrzehnten im Ausland einen geheimen Krieg gegen den sowjetischen Staat führen“. Diese Erklärung stand am 13.12.1990 im Pariser Le Figaro zu lesen.
„Grüppchen“? Das kann man wohl sagen, wenn man die Mittel der TFPs mit der immensen Maschinerie des sowjetischen Staates vergleicht. Was den „geheimen Krieg“ angeht, so wurde er vor den Augen aller auf den Straßen der wichtigsten Städte des Westens ausgetragen.
Kriutschow kündigte an, dass der KGB dies nicht „dulden“ werde. Und doch musste er es dulden … Die Geschichte hat sich gewendet!
Glasnost der Panzer begräbt Perestroika
Die sowjetischen Panzer zeigten in Vilnius, was sie unter Glasnost (Transparenz) verstehen, als sie am 12. Januar gegen das Gebäude des litauischen Fernsehens vorrückten und eine unbewaffnete Menge herbeieilte, dieses zu verteidigen. Am Morgen des 13. Januar gingen die russischen Panzer zum Angriff über und töteten dabei 14 Zivilpersonen, zwei davon wurden von Panzern überrollt; es gab 240 Verletzte. Kurz darauf erlitt Lettland ein ähnliches Schicksal.
Noch am gleichen 13. Januar erhielt die nordamerikanische TFP eine Mitteilung der litauischen Regierung, in der über die Aggression berichtet wurde und die mit dem Hilferuf schloss:„Litauen läuft Gefahr; es braucht die Hilfe der Welt. Machen Sie dies allen TFP-Organisationen und –Büros bekannt“.
Die Botschaft war von einem Brief des Präsidenten Landsbergis begleitet, in dem dieser warnte: „Die Verantwortung für jedes Opfer wird Michail Gorbatschow zu tragen haben“.
Noch am gleichen Tag antwortete Plinio Corrêa de Oliveira im Namen aller Vereinigungen und Büros der TFP; er erklärte sich solidarisch „mit dem edlen Widerstand, den Ihre Regierung und das ganze litauische Volk der Offensive mit deutlich stalinistischen Zügen entgegensetzt, die Michail Gorbatschow und seine Akteure schonungslos gegen die Unabhängigkeit Litauens durchführen“. Und er unterrichtete Landsbergis über alles Maßnahmen, die die TFP-Vereinigungen treffen würden, um die die sowjetische Aggression vor aller Welt anzuprangern. Eine der wichtigsten davon bestand darin, den amerikanischen Kongress von den Vorfällen in Kenntnis zu setzen.
Tatsächlich hatte Gorbatschow die Zeit Stalins wiederaufleben lassen. Doch nun wusse alle Welt, dass eine Perestroika nichts als eine Farce war. Sein politischer Tod war damit besiegelt.
Das Seufzen eines Volkes und die Verteidigung eines Rechts
Am 15. Februar 1991 richtete Plinio Corrêa de Oliveira ein Schreiben an Fernando Collor, den damaligen Präsidenten der Föderativen Republik Brasilien, in dem er ihn ersuchte, das freie Litauen anzuerkennen.
Dieses Schreiben beschreibt nicht nur mit aller Klarheit die Abfolge der Ereignisse, sondern zeigt auch, wie sehr den Verfasser die Liebe zu Recht und Gerechtigkeit bewegt. Es soll hier deshalb der volle Wortlaut dieses Schreibens wiedergegeben werden:Herr Präsident,was mich diesen Brief an Sie richten lässt, ist das Empfinden unserer Seele angesichts des Seufzens eines Volkes und der Verteidigung eines Rechts.
1. Litauen hat während eines halben Jahrhunderts, in dem es der Besetzung und der Tyrannei des kommunistischen Regimes, dieses verbohrten Feindes von Religion, Familie und Eigentum ausgesetzt war, unter dem sowjetischen Stiefelabsatz Hunger, Not und Verfolgung erlitten. Doch nun sah es für einen kurzen Augenblick die Sonne der Unabhängigkeit aufgehen und der Weg zurück in die Zivilisation und in den Wohlstand von einst, den ihm das kommunistische Regime auf so harte Weise vorenthalten hatte, lag offen vor ihm.
Es nutzte denn auch umgehend die Gelegenheit der Stunde, schuf seine eigene Regierung und machte sich an den Wiederaufbau des Vaterlandes.
Gorbatschow aber frustrierte die Hoffnungen, die seine „Perestroika“-Politik im Westen ausgelöst hatte, und verletzte die gerade erst neugeborene Souveränität dieser Nation. Unter dem Vorwand, dass sich ihre Söhne weigerten, im sowjetischen Heer zu dienen, das sie ja als ein fremdländisches betrachten, ließ er den Widerstand in Litauen niederschlagen.
2. Herr Präsident, kommunistische Panzer gingen gegen ein völlig wehrloses Volk vor, das sich allein auf die geistigen Waffen des katholischen Glaubens und die unbeugsame Entschlossenheit, seine Unabhängigkeit zu wahren, stützen konnte.
So stellte sich die kirchliche und vaterländische Lieder singende waffenlose Menge als lebende Barriere den sowjetischen Panzern in den Weg und wich auch dann nicht zurück, als zum Erstaunen der vom Kreml entsandten Angreifer und der ganzen Welt die ersten Opfer barbarisch getötet wurden und dennoch keiner vom Feld der Ehre floh.
Was tat Moskau daraufhin? Als der Kreml merkte, dass der mörderische Angriff die gerechte Entrüstung aller freien Völker gegen Gorbatschow auslösen würde, sprach er von einem unbefugten Angriff, schob dem Kommandanten der in Litauen stationierten kommunistischen Truppen die Verantwortung für die Aggression zu und zog einen Teil der Fallschirmjäger zurück, die er kurz vorher ins Land geschickt hatte.
Aber … es ist hier ein „aber“ zu vermerken. Kurze Zeit später wurde der Innenminister, Oberst Boris Pugo, der als einer der Anstifter der brutalen Aktion der russischen Truppen in Litauen galt, zum General befördert. Das heißt, kaum war dieser Oberst – offensichtlich zum werbewirksamen Vorteil des Herrn Gorbatschow im Westen – für sein gewaltsames Vorgehen gerügt worden, wurde der „Schuldige“ auch schon mit dem Titel eines Generals ausgezeichnet! Zur Gewalt gesellte sich also noch die Doppelzüngigkeit.
3. Trotz des inzwischen äußerst negativen Klimas entschloss sich der litauische Staatschef, Präsident Vytautas Landsbergis, loyal und tapfer eine Volksabstimmung durchzuführen, um so jedem Litauer die Möglichkeit zu geben, frei darüber zu entscheiden, ob er unter der kommunistischen Herrschaft des Kremls weiterleben oder aber den ruhmreichen Weg zur nationalen Unabhängigkeit – welche Risiken dies auch mit sich bringen sollte – einschlagen wolle.
Wie Sie, Herr Präsident, und die ganze Welt wissen, verlief die Volksabstimmung ordnungsgemäß und völlig korrekt. Und nach der ebenfalls beispielhaft abgelaufenen Auszählung der Stimmen kam es vor Gott und den Menschen, vor der Gegenwart, in der sie sich befinden, und der Zukunft, die sie erwartet, zu folgendem Ergebnis:
90,47% der abgegebenen Stimmen sprachen sich für die Unabhängigkeit aus: für eine volle, totale und selbstverständlich unmittelbare Unabhängigkeit.
6,56% der Wähler stimmten gegen die Unabhängigkeit.
84,52% der Wahlberechtigten gaben ihre Stimme ab.
4. Mit der Bestätigung des Ergebnisses werden nun die freien Völker schnellstens die Unabhängigkeit Litauens anerkennen und diplomatische Beziehungen zu diesem Land aufnehmen, indem sie Botschaften in Vilnius einrichten beziehungsweise die Errichtung litauischer Botschaften in ihren Ländern erlauben, oder aber sie werden zögern und Ausflüchte suchen; vielleicht werden sich auch nur einige wenige für die Sache dieser ruhmreichen kleinen Nation einsetzen und sie gegen eine Macht verteidigen, die von den Medien noch immer als sowjetischer „Koloss“ hingestellt wird.
Die Nationen aber, die den Ereignissen unschlüssig gegenüberstehen, geben damit stillschweigend zu, dass sie selbst kein unanfechtbares Recht auf ihre Freiheit haben. Denn wer heute zaudert, die unbestreitbaren Rechte des Schwächeren anzuerkennen, macht damit automatisch seine entsprechenden Rechte anfechtbar, die es vielleicht schon morgen gegen denselben stärkeren Angreifer zu verteidigen gilt.
Wer die Rechte eines Dritten, obwohl diese unanfechtbar sind, leugnet, nur weil der ungerechte Anfechter dieser Rechte mächtig ist, läuft Gefahr, dass er morgen, wenn dieser Anfechter etwa seinen Grimm auf ihn, der mit gekreuzten Armen und wortlos der Aggression zugesehen hat, richten sollte, nichts zu seiner eigenen Verteidigung vorzubringen zu haben.
Sie, Herr Präsident, werden es sicher nicht zulassen, dass sich unser edles, tapferes Vaterland unter Umständen in diese Lage versetzt sieht.
Darum bitte ich Sie im Namen der Brasilianischen Gesellschaft zur Verteidigung von Tradition, Familie und Eigentum (TFP), in deren Nationalrat ich den Vorsitz führe, sowie kraft der entsprechenden Beglaubigung auch im Namen der übrigen 14 autonomen Schwestergesellschaften (TFPs) der brasilianischen Körperschaft, die jeweils in Argentinien, Bolivien, Chile, Ecuador, Frankreich, Kanada, Kolumbien, Peru, Portugal, Spanien, Südafrika, Uruguay, USA und Venezuela ansässig sind, umgehend mit der litauischen Regierung in Vilnius Kontakt aufzunehmen und so schnell wie möglich diplomatische Beziehungen mit dieser heldenhaften Nation herzustellen sowie Gespräche für die Einrichtung von Botschaften in den Hauptstädten beider Länder einzuleiten.
Gleichzeitig richte ich eine Bitte desselben Wortlauts an alle Staatschefs der freien Welt.
5. Sicherlich ist Ihnen, Herr Präsident, alles was ich hier behauptet habe, von kristallischer Klarheit. Ich bin mir deshalb gewiss, dass ich den grundlegenden Imperativen Ihres Gewissens entgegenkomme, wenn ich Sie bitte, die in dieser Adresse vorgetragene Sache zu Ihrer eigenen zu machen und sie als das aufzunehmen, was sie wirklich ist: ein Appell für die Sache Litauens, die mit der Sache der Unabhängigkeit Brasiliens und mit der Sache der christlichen Zivilisation selbst identisch ist. Unser Land würde eine schreckliche Identitätskrise erleben, wenn es mitansehen müsste, dass die Obrigkeit unserer immensen Nation, für die die Vorsehung eine Schlüsselposition in der mit dem Heraufziehen des dritten Jahrtausends entstehenden neuen Welt vorgesehen hat, nicht mit friedlichen diplomatischen Maßnahmen schellstens dem kleinen, heldenhaften Litauen zu Hilfe eilt. Empfangen sie im Voraus meinen Dank, Herr Präsident, für alles, was unser Land in dieser leuchtenden Perspektive Ihrem Patriotismus und Unternehmungsgeist zu verdanken haben wird. Gleichzeitig nehme ich die Gelegenheit war, Ihnen meine aufrichtigste Hochachtung auszudrücken. Plinio Corrêa de Oliveira
Die Dankbarkeit einer Nation
Ein Jahr nach der Kampagne des Jahres 1990 statteten der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Parlaments von Litauen, Herr Emanuelis Zingeris, in Begleitung von P. Pranas Gavenas, SDB, und von Herrn Henrique Valavicius Prof. Plinio Corrêa de Oliveira in seinem Sitz in São Paulo einen Besuch ab. Bei dieser Gelegenheiten händigten sie ihm den folgenden Brief aus:„Eine das litauische Parlament vertretende Delegation wird nach Brasilien geschickt, um mit dieser bedeutenden südamerikanischen Nation Kontakte und Beziehungen aufzunehmen.
Mit dieser Aufgabe wurden der stellvertretende Vorsitzende unseres Parlaments, Herr Bronius Kuznickas, und der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Herr Emanuelis Zingeris, betraut.
Ich habe die Gelegenheit wahrgenommen und diese Herren gebeten, Ihnen persönlich diesen Brief zu übergeben.
Schon seit einiger Zeit trug ich mich mit dem Gedanken, Herr Vorsitzender, Ihnen meinen persönlichen Dank und den meines Volkes für den unschätzbaren Beitrag auszusprechen, den die zwanzig TFPs auf den fünf Kontinenten zur Sache der Unabhängigkeit Litauens geleistet haben.
Alle Litauer wissen sehr wohl um die höchst verdienstvolle Unterschriftensammlung, die die TFPs für unsere Unabhängigkeit durchgeführt haben, sodass uns 5.200.000 Menschen aus vielen Nationen ihre Unterstützung ausgedrückt haben; es war dies eine der größten Unterschriftenaktionen der Geschichte überhaupt.
Ich drücke Ihnen hiermit noch einmal den Dank unseres Parlaments aus und bitte Sie, diesen auch an die Vorsitzenden aller TFPs und über diese an jeden einzelnen jener jungen Männer weiterzuleiten, die auf diese Weise an unserem großen Sieg Anteil haben.“Das Schreiben tägt die Unterschrift des Generalsekretärs des Höchsten Rates der Republik Litauen, Liudvikas Sabutis.
Litauen, Marienland
Am 10. März 1991 beging die litauische Volksgruppe São Paulos zusammen mit der TFP feierlich den ersten Jahrestag der Unabhängigkeit Litauens. Bei dieser Gelegenheit wurde Plinio Corrêa de Oliveira von P. Pranas Gavenas an der Spitze einer Gruppe von Abkommen litauischer Einwanderer in ihren traditionellen Trachten feierlich begrüßt. Während der in der St. Josefs-Kirche in Vila Zelina (dem Stadtteil, in dem die meisten litauischen Familien in São Paulo wohnen) gefeierten heiligen Messe sang der Litauer-Chor das bekannte, herrliche Lied: „Maria, Maria“.
Plinio Corrês de Oliveira besaß diese große Liebe zu Litauen seit er erfahren hatte, dass Litauen „Marienland“ genannt wird. Nichts eignet sich daher besser als Abschluss dieses Berichts über seine Verbundenheit mit Litauen als die herrlichen Worte dieses Loblieds auf die Heiligste Jungfrau Maria, deren vortrefflicher Sohn und treuer Arbeiter Prof. Plinio stets war.
Reinste Lilie, strahlend am hohen Himmel,
lindere die Knechtschaft,
komm der Menschheit zu Hilfe,
steh uns bei gegen den schrecklichen Feind.
Wir irrende Menschenbitten dich um deine Gnade,
o Maria, weise unser Flehen nicht ab!
In den Stürmen dieser Weltstärke und führedie Fallenden.
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(1) Vgl. Instruktion über einige Aspekte der Theologie der Befreiung, vom 6. August 1984, XI, 10. In vollem Wortlaut heißt es dort: „Nicht zu verkennen ist dieser Schandfleck unserer Zeit: Unter dem Vorwand, ihnen die Freiheit zu schenken, werden ganze Nationen knechtschaftlichen Bedingungen unterworfen, die des Menschen unwürdig sind“.
(2) Vgl. Plinio Corrêa de Oliveira: „Comunismo e anticomunismo na orla da última década deste milênio“, in Catolicismo, São Paulo, März 1990.
(3) Die Botschaft erschien zuerst in der Washington Post der nordamerikanischen Hauptstadt und in der Frankfurter Allgemeine Zeitung in Frankfurt/Main am 9. Dezember 1981, wo sie jeweils sechs Seiten einnahm; es folgten weitere 46 wichtige Zeitungen der westlichen Welt. Eine Zusammenfassung erschien in verschiedenen internationalen Ausgaben des Reader’s Digest sowie in 23 weiteren Presseorganen.
(4) Cf. Plinio Corrêa de Oliveira: Les têtes tombent, TFP, Paris 1981, S.
(5) M. Gorbachev: Perestroika, Ed. Best Seller, São Paulo 1987, S. 35f.
(6) Plinio Corrêa de Oliveira: „Morto o comunismo? E o anticomunismo também?“, in Catolicismo, Oktober 1989.
(7) Vgl. O Globo, Rio de Janeiro, 18.11.1990.