„Wollt auch ihr Weggehen?“
Diese Frage stellt Jesus am Ende der sogenannten Großen Eucharistischen Rede im sechsten Kapitel des Johannesevangeliums (Joh. 6, 67).
Er stellt sie aber nicht irgendwelchen seiner Anhänger, er richtet sie an seine zwölf Apostel, an den engsten Kreis! Und er stellt sie, weil anscheinend einige bereits mit diesem Gedanken gespielt haben, weil sie wohl tatsächlich unsicher geworden sind, unsicher in ihrem Glauben an Jesus.
Kann jemand ganz bei Trost sein, der so Sachen sagt wie: „Wer mein Fleisch isst, und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag“ (Joh. 6, 54)? Oder: „Dies (sein Fleisch und sein Blut) ist das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist . . . Wer aber dieses Brot isst, wird leben in Ewigkeit“ (Joh. 6, 58)?
Begonnen hatte Christus ja eigentlich ganz gut: Mit einer wunderbaren Speisung von 5.000 Männern (vgl. Joh. 6, 5-13). Eine Sensation! Tolle Schlagzeilen! Die öffentliche Meinung war ganz auf seiner Seite: Zu ihrem (weltlichen) König wollten sie ihn machen (vgl. Joh. 6, 15)! Heute vielleicht vergleichbar mit der Wahl zum Mann des Jahres oder der Bestimmung zum Freidens-Nobelpreisträger. Warum nur musste Christus dann aber auch so unklug sein und etwas tiefer schürfen, über Dinge sprechen die den eigentlichen Kern des Glaubens und damit auch den Kern des Menschen betreffen?
Und der Evangelist Johannes fährt in seinem Bericht fort: „Viele seiner Jünger, die ihm zuhörten, sagten: Was er sagt ist unerträglich. Wer kann das anhören?“ (Joh. 6, 60).
Die Lehre von der Allerheiligsten Eucharistie ist unerträglich. Dies war sie damals und dies ist sie heute. Sie geht total gegen die aufgeklärte Vernunft.
Aber Jesus (und später die Kirche) hat niemals – trotz der ausdrücklichen Würdigung der Rolle der Vernunft; vgl. z.B. einen Hl. Thomas von Aquin oder die entsprechende Dogmatisierung des Ersten Vatikanischen Konzils! – gesagt, dass die Eucharistie eine Sache wäre, die der Vernunft einsichtig wäre. Ganz im Gegenteil! Gerade die wirkliche Lehre von der Allerheiligsten Eucharistie ist nur dem Glauben zugänglich. Sie ist auch ein Prüfstein des Glaubens. Auch Prüfstein für den rechten Glauben an Christus. Entweder glaube ich wirklich, dass Christus Gott ist. Und dann glaube ich auch das, was er sagt, und dies auch dann, wenn ich es nicht verstehe, auch dann, wenn es gegen meine Vernunft geht, auch dann, wenn man es den Leuten vielleicht nicht vermitteln zu können meint, auch dann, wenn es unzeitgemäß zu sein scheint.
Oder aber ich glaube Christus eben nicht. Aber dann kann man sowieso gleich einpacken.
Fronleichnam ist somit ein Ausdruck unseres Glaubens an die Gegenwart Christi in der Hl. Eucharistie.
Was an Ostern nur kurz zum Ausdruck und nur kurz im Mittelpunkt steht, weil es von der Passion und der Auferstehung Jesu überlagert wird, nämlich die wirkliche Gegenwart Christi, d.h. die wirkliche Gegenwart Gottes, verborgen unter Gestalt des Brotes, das findet am Fronleichnamfest schöne und aussagekräftige Entfaltung.
Und wenn für einen oberbayerischen Bürgermeister die Abschaffung des Fronleichnamfestes mit der für ihn unbedingt dazugehörigen Fronleichnamprozession überhaupt nicht in Frage kommt, weil sonst ein wichtiges Stück Brauchtum wegfallen würde und es so eine oberbayerische Attraktion weniger für die begehrten Touristen gäbe, so ist dies für einen Katholiken wohl nicht der erste Grund für dieses Fest.
Vielmehr ist die Verehrung und eine sehr große Dankbarkeit für diese Form der Gegenwart Gottes unter den Menschen von zentraler Bedeutung. Und nicht nur das.
Gott ist nicht nur gegenwärtig. Er ist nicht nur bei uns. Er soll – nach einer guten Vorbereitung und in der rechten Verfasstheit – IN uns sein.
Und daher sollte die Frage nicht lauten: „Wollt auch ihr weggehen?“, sondern vielmehr:
„Wollt nicht auch ihr hingehen?“
Quelle: IK-NACHRICHTEN – Pro Sancta Ecclesia – Initiative katholischer Laien und Priester. – Ausgabe Juni 2014 – 15. Jahrgang, Nr. 6